Jazz_News_26.04.24
Umfassend und bunt

Umfassend und bunt

Der Deutsche Jazzpreis wurde am 18. April 2024 in Köln zum vierten Mal vergeben. Aus dem Neustart ist ein wichtiger Spiegel der deutschen Jazzwelt geworden. Die Währung heißt Aufmerksamkeit. Nachdem der Echo Jazz als bis dahin wichtigster nationaler Branchenpreis 2018 eingestellt worden war, entstand eine Leerstelle in der öffentlichen Wahrnehmung.

Zwar gab es bereits verschiedene überregional vergebene Auszeichnungen von Berlin bis Mannheim. Die Aufmerksamkeit für diese in der Regel von Vereinen, Kommunen oder einzelnen Rundfunkanstalten überreichten Trophäen konzentrierte sich jedoch oft auf den Nachwuchs oder auf Künstler und Künstlerinnen allgemein und weniger auf deren aktuelle Veröffentlichungen.

Die sich verändernden Bedingungen eines auf Deutschland einwirkenden globalen Musikmarkes legten jedoch eine Kombination der Interessen von Industrie, öffentlichen Kräften, Kulturinitiativen und Künstler:innen nahe. Und so fand sich unter der Ägide der Initiative Musik ein Konsortium zusammen, das mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien 2021 den Deutschen Jazzpreis aus der Taufe hob.

Die Gala des 4.Deutschen Jazzpreises am 18.April 2024 in Köln zeigte dann auch, dass sich einiges inzwischen eingespielt hat. Denn um dem Vorwurf zu entgehen, von Einzelinteressen geleitet zu sein, hat sich der Deutsche Jazzpreis organisatorisch besonders breit, aber auch aufwändig aufgestellt. In mehreren Durchgängen werden über Vorjurys und eine Hauptjury die Nominierten bestimmt. Insgesamt wurden 1.150 Vorschläge für die aktuelle Runde des Deutschen Jazzpreises eingereicht, die 25 Persönlichkeiten rund um das Kerngeschäft von Journalisten und Künstlern bis zu Veranstaltern, Club- und Labelbetreiber gesichtet haben.

Nach Bekanntgabe der Nominierten wurden dann am 18.April im Rahmen der Galaveranstaltung im Kölner E-Werk die 22 Preisträgerinnen und Preisträger bekannt gegeben und ausgiebig gefeiert, die von den 17-köpfigen Hauptjury gekürt und mit jeweils mindestens 10.000 Euro Preisgeld bedacht werden. Die Kategorien selbst decken viele Bereiche der künstlerischen Arbeit ab. Denn die Preise werden sowohl nach Instrumenten, als auch für Aufnahmen und Produktionen, für Festivals und Bühnen, Kompositionen und besondere Leistungen etwa im journalistischen Bereich oder für das Lebenswerk vergeben.

Und das Spektrum der Preisträger ist groß und damit auch das Abbild einer sehr vitalen Szene. Dabei liegt der Fokus des Deutschen Jazzpreises auf einheimischen Produktionen und Künstler, jeweils um internationale Kategorien ergänzt. Newcomer wie die Pianistin Shuteen Erdenebaatar oder der Trompeter Jakob Bänsch gehören ebenso zu den Gewinnern wie Dauerbrenner des Kreativen wie die Monika Roscher Big Band oder die Sängerin Céline Rudolph. Unter den internationalen Stars wurden Koryphäen wie der Pianist Kenny Barron oder die Schlagzeugerin Lesley Mok ausgezeichnet. Das „Album des Jahres“ national ist „Awake“ der Sängerin Minna Bogdanović, international machte M’shell Ndegeocello mit „The Omnichord Real Book“ das Rennen. Internationales Ensembles des Jahres wurden Irreversible Entanglements und besonders freuen können sich auch Ulrich Habersetzer und der Bayerische Rundfunk über den Preise für die die Radio/Webdokuproduktion „Challenge 1923“.

Die Aufmerksamkeit für den Preis und seine Gewinnerinnen und Gewinner jedenfalls ist groß und auch das ist ein Ziel des Deutschen Jazzpreises. Seine Künstlerinnen und Künstler entstammen zwar einer Musik, die über Jahrzehnte hinweg als Nische für Expertinnen und Experten des fortgeschrittenen Spiel- und Hörgenusses wahrgenommen wurde. Die Realität der Wahrnehmung aber sieht längst anders aus. Deutschland hat über Jahrzehnte hinweg eine umfassend aktive und eigenständige Jazzwelt von den Clubs und Universitäten bis zu Labels, Festivals und Rundfunkanstalten hervorgebracht. Sie verdient es, im großen Rahmen präsentiert zu werden, damit möglichst viele Menschen sie entdecken und verstehen, welche Vielfalt sich dort bietet. An erster Stelle aber geht es um die Musik und die wird vom Deutschen Jazzpreis 2024 umfassend gefeiert. Ralf Dombrowski


Bild: Ehrung für sein Lebenswerk: Alexander von Schlippenbach
© Ralf Dombrowski
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