Pop_News_05.06.25
Seiler und Speer – In ana aundan Sproch*

Seiler und Speer – In ana aundan Sproch*

Eigentlich sind die beiden Wiener Christopher Seiler und Bernhard Speer keine Musiker. Stattdessen Schauspieler bzw. Komiker (Seiler) und Filmemacher (Speer). 2014 traf man sich bei der Produktion der „Schichtwechsel“-TV-Reihe: Seiler als Kabarettist, Speer als Produzent sowie Regisseur. Seiler wollte unbedingt seine Beiträge mit Musik untermalen. Da er leidlich gut Gitarre beherrscht und ordentlich singen kann, traute er sich diese Einlagen selbst zu. Oh Wunder: Auch Speer ist mit der Klampfe vertraut und besitzt ein ordentliches Sangesorgan! Also probierte man sich an gemeinsamer Musik. Nahm 2015 ein Album auf.
Und das Ding startete - zunächst - in Österreich voll durch, Pole Position in den Charts. Kein Wunder: „Ham Kummst“, so der Titel des Werks, steht ganz in der Tradition des österreichischen „Schmäh-Liedguts“ eines Wolfgang Ambros, Georg Danzer oder Rainhard Fendrich, gepaart immer mal wieder mit Rap-Anleihen.
Dieser Tage ist Album Nummer 4 namens „Hödn“ (auf hochdeutsch: „Helden“) in den Handel gekommen, das den Faden der schmalen Gratwanderung zwischen Klamauk, eindeutigen politischen Statements und zu Herzen Gehendem erneut gekonnt aufnimmt. Typisch Österreichisch. Äußerst menschelnd. Extrem berührend.
Der 38jährige Christopher Seiler erklärt die Zusammenarbeit mit seinem „wunderbaren Freund“ Speer, vier Jahre älter als er, nimmt Stellung zum alkoholbedingten Verkehrsunfall seines Kompagnons am 11. Oktober 2017, bei dem jener lebensbedrohlich verletzt wurde. Freut sich aber in erster Linie darüber, dass es weitergeht mit diesem außergewöhnlichen Projekt. Im Winter übrigens auch live wieder auf diversen deutschen Bühnen zu bestaunen.

tonart: Eure neue Scheibe soll laut Presse-Information „mutig nach vorne“ und zur selben Zeit „back to the roots“ sein. Klingt kontrovers. Was ist denn nun der Stand der Dinge?
Seiler: Man sollte das Ganze als weitere Comeback-Platte sehen. Bernhard hatte am 11. Oktober 2017 einen schweren Unfall. Er hat ihn überlebt. Durchs Überleben ist die Leichtigkeit in unser Projekt zurückgekehrt. Eine Zeitlang war exakt diese Leichtigkeit verschwunden. Wohl auch deshalb, weil neben Bernhards Unfall mein Opa gestorben ist. Und jetzt geht es seit einigen Jahren wieder darum, dass wir entspannt snd.
Der Tod ist nicht lustig. Aber du kommst ihm nicht aus. Also bleiben wir am Leben und machen noch ein wenig vor uns hin, so lange man uns lässt.
Wie stark steht ihr in der „Österreichischen Liedermacher-Tradition“ - immerhin habt ihr schon mal ein Stück mit Austria-Ikone Wolfgang Ambros aufgenommen. Seid ihr mit dieser Tradition verbunden?
Wir sehen uns durchaus darin. Sind allerdings gleichzeitig Kinder des 21. Jahrhunderts. Wir rappen schon mal gerne, das steht außer Frage. Und so sehr wir „Wolferl“ Ambros schätzen und mit ihm gearbeitet haben - wir sind unbedingt Leute der Neuzeit.
Wie entscheidend ist euch der Humor-Aspekt?
Der war schon mal wichtiger. Und wir wollen definitiv nicht Kasperl sein. Ich hoffe schwer, dass man uns als Künstler ernst nimmt. Politisch wie unter sozialem Aspekt. Humor ist heute eher die Sache von Donald Trump oder Wladimir Putin. Also nicht sonderlich lustig.
Wie darf man sich vorstellen, dass Seiler und Speer-Lieder entstehen?
Wir sitzen gemütlich beinander, Bernhard hält die Gitarre in der Hand und klampft irgendwas. Ich singe darüber. Klingt super-altmodisch. Ist genauso. Derart entstehen unsere Lieder. Alles ist entspannt. Mit einem Mal ist eine Platte fertig. Glaubt keiner. Aber das ist die Wahrheit.
Du bist für sämtliche Texte verantwortlich. Woher kommt in der Regel die Inspiration dafür?
Das ist echt verrückt: Die persönlichen Themen, die ich in meinen Texten behandle, gehen ruckzuck von der Hand. Die politischen Geschichten hingegen dauern um einiges länger. Das irritiert mich dann. Aber so ist dieses komische Leben als Songschreiber anscheinend - irritierend.
Seid ihr überrascht vom kommerziellen Erfolg eures Projekts? Wie geht ihr damit um?
Am Anfang haben wir dazu geneigt, uns selbst in den Himmel zu loben. Weil wir die Hitparaden erobert haben und super-coole Typen sind. Das hat sich ziemlich schnell gelegt. Irgendwann wird man demütig. Das ist besser fürs Gemüt. Aber selbstverständlich freuen wir uns über Charts-Positionen mit den eigenen Platten.
Was ist live zu erwarten im Winter, wenn ihr in Deutschland unterwegs seid?
Wir haben ein neues musikalisches Programm, wir haben neue Lichteffekte, überhaupt eine neue Choreografie. Die Geschichte wird außerdem laut. Fest versprochen. Wir sind nicht umsonst Metallica-Fans. Es wird abgehen! Michael Fuchs-Gamböck

*In einer anderen Sprache.

Bild© Pascal Riesinger
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